AKKU-Nachwuchspreis 2023
          Dinara Mingaleeva (Bayreuth)
        Laudatio von Rouven Janneck
          Liebe Tagungsteilnehmerinnen, liebe Tagungsteilnehmer,
          es ist mir im Namen des gesamten Vorstands eine große Freude, dass wir als Arbeitskreis für kritische Unternehmens- und Industriegeschichte auch in diesem Jahr 
          den AKKU-Nachwuchspreis für herausragende studentische Abschlussarbeiten verleihen können.
          Mit dem AKKU-Nachwuchspreis zeichnet der AKKU jährlich inhaltlich und methodisch anspruchsvolle Abschlussarbeiten aus, die ihren Gegenstand aus einer 
          souveränen Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand operationalisieren und innovative Ergebnisse präsentieren. Maßgebend für die Preisvergabe ist dabei, 
          dass die Abschlussarbeit einen Beitrag zur Geschichte von Unternehmen, Branchen oder zur Wirkung unternehmerischen Handelns leistet und in ihrer Anlage mit 
          Theoriebezogenheit, einer innovativen Fragestellung sowie eine innovativen Forschungsstrategie überzeugt. Umso erfreulicher war es für uns, in diesem Jahr aus 
          den sieben Einreichungen mehrere sehr überzeugenden Arbeiten für den Preis begutachten zu können.
          Wir freuen uns, dass wir den Preis an Frau Dinara Mingaleeva für ihre Masterarbeit „The effect of EU expansion on cross-border mergers and acquisitions activity of 
          European companies“ vergeben zu können.
          Frau Mingaleeva untersucht in ihrer Arbeit die Wirkung der politischen Einigung Europas auf die Unternehmensnetzwerke europäischer multinationaler Unternehmen 
          in den 1970er und 1980er Jahren und nimmt dabei insbesondere die Unternehmensstrategien in den Blick. Dafür greift sie auf einen Case Study Ansatz zurück. 
          In einem ersten Schritt präsentiert sie die zugrunde liegende theoretische Literatur, aus der der theoretische Rahmen der Arbeit gewonnen wird. 
          Daran schließt ein Überblick zur Entwicklung der europäischen Integration an, gefolgt von der Darstellung der schrittweise eingeführten europäischen 
          Fusionskontrolle und den internationalen Fusionen zwischen EWG-Mitgliedsländern in den 1980er Jahren. Das unternehmenshistorische Herzstück der Arbeit sind 
          die beiden Case Studies zur Übernahme der spanischen SEAT durch den Volkswagenkonzern sowie den Erwerb vom britischen Unternehmen Rowntree durch Nestlé. 
          Eingebettet in die Unternehmens- und Landesgeschichte sowie den Industriekontext arbeitet die Preisträgerin anhand der Geschäftsberichte die jeweiligen 
          Unternehmensstrategien heraus. Damit verbindet die Studie unternehmenshistorische mit wirtschafts- und politikgeschichtlichen Entwicklungen.
          Frau Mingaleeva argumentiert sodann überzeugend, dass mulinationale europäische Unternehmen in grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen eintraten, 
          um von dem sich verändernden Marktumfeld im Zuge der EG-Staaten Erweiterung zu profitieren und sich den erwarteten neuen Strukturen anzupassen. Im Falle 
          Seat-Volkswagen nutzte der deutsche Konzern die finanzielle Schwäche der privatisierten SEAT für die Expansion auf dem europäischen Markt. Nestlés Strategie 
          wiederum zielte auf den Standortfaktor Großbritannien. Beide Großunternehmen verfolgten bei den untersuchten Übernahmen eine M&A-Strategie, die auf die 
          Etablierung der Marktführerschaft in ihren Branchen zielte. Die Fälle unterstrichen damit, dass die begrenzten Fusionsvorschriften in der Europäischen 
          Gemeinschaft vor 1989 zur Bildung europäischer Monopole und Oligopole führten.
          Insgesamt gelingt es Frau Mingaleeva in ihrer Masterarbeit, die Auswirkungen der Entwicklung von M&A-Aktivitäten in den 1970er und 1980er Jahren überzeugend 
          herauszuarbeiten und damit einen wichtigen und innovativen Beitrag in einem historisch bisher kaum untersuchten Feld zu leisten. In ihrem dreiteiligen 
          Ansatz vereinigte sie eine sorgfältige empirische Arbeit auf der Case Study Ebene mit der kritischen Reflektion des empirischen und theoretischen 
          Forschungsstands, womit ihr eine fruchtbare Verbindung der Bereiche der Wirtschafts-, Politik- und Unternehmensgeschichte gelingt. Vor allem in der oftmals 
          geforderten, aber viel zu selten eingelösten Verbindung von quantitativen und qualitativen Zugängen kann sie einen wirklichen Erkenntnisgewinn beisteuern.
          Die Arbeit „The effect of EU expansion on cross-border mergers and acquisitions activity of European companies“ von Dinara Mingaleeva erhält daher den 
          AKKU-Nachwuchspreis 2023: Herzlichen Glückwunsch!
          
              
 
      